Ihr Himmelstöne, mich am Staube?

Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;

Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.

Zu jenen Sphären wag ich nicht zu streben,

Woher die holde Nachricht tönt;

Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt,

Ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben.

Sonst stürzte sich der Himmelsliebe Kuß

Auf mich herab in ernster Sabbatstille;

Da klang so ahnungsvoll des Glockentones Fülle,

Und ein Gebet war brünstiger Genuß;

Ein unbegreiflich holdes Sehnen

Trieb mich, durch Wald und Wiesen hinzugehn,

Und unter tausend heißen Tränen

Fühlt ich mir eine Welt entstehn.

Dies Lieb verkündete der Jugend muntre Spiele,

Der Frühlingsfeier freies Glück;

Erinnrung hält mich nun, mit kindlichem Gefühle,

Vom letzten, ernsten Schritt zurück.

O tönet fort, ihr süßen Himmelslieder!

Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!

CHOR DER JÜNGER:

Hat der Begrabene

Schon sich nach oben,

Lebend Erhabene,

Herrlich erhoben;

Ist er in Werdeluft

Schaffender Freude nah:

Ach! an der Erde Brust

Sind wir zum Leide da.

Ließ er die Seinen

Schmachtend uns hier zurück;

Ach! wir beweinen,

Meister, dein Glück!

CHOR DER ENGEL:

Christ ist erstanden,

Aus der Verwesung Schoß.

Reißet von Banden

Freudig euch los!

Tätig ihn preisenden,

Liebe beweisenden,

Brüderlich speisenden,

Predigend reisenden,

Wonne verheißenden

Euch ist der Meister nah,

Euch ist er da!

VOR DEM TOR

Spaziergänger aller Art ziehen hinaus.

EINIGE HANDWERKSBURSCHE:

Warum denn dort hinaus?

ANDRE:

Wir gehn hinaus aufs Jägerhaus.

DIE ERSTEN:

Wir aber wollen nach der Mühle wandern.

EIN HANDWERKSBURSCH:

Ich rat euch, nach dem Wasserhof zu gehn.

ZWEITER:

Der Weg dahin ist gar nicht schön.

DIE ZWEITEN:

Was tust denn du?

EIN DRITTER:

Ich gehe mit den andern.

VIERTER:

Nach Burgdorf kommt herauf, gewiß dort findet ihr

Die schönsten Mädchen und das beste Bier,

Und Händel von der ersten Sorte.

FÜNFTER:

Du überlustiger Gesell,

Juckt dich zum drittenmal das Fell?

Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.

DIENSTMÄDCHEN:

Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zurück.

ANDRE:

Wir finden ihn gewiß bei jenen Pappeln stehen.

ERSTE:

Das ist für mich kein großes Glück;

Er wird an deiner Seite gehen,

Mit dir nur tanzt er auf dem Plan.

Was gehn mich deine Freuden an!

ANDRE:

Heut ist er sicher nicht allein,

Der Krauskopf, sagt er, würde bei ihm sein.

SCHÜLER:

Blitz, wie die wackern Dirnen schreiten!

Herr Bruder, komm! wir müssen sie begleiten.

Ein starkes Bier, ein beizender Toback,

Und eine Magd im Putz, das ist nun mein Geschmack.

BÜRGERMÄDCHEN:

Da sieh mir nur die schönen Knaben!

Es ist wahrhaftig eine Schmach:

Gesellschaft könnten sie die allerbeste haben,

Und laufen diesen Mägden nach!

ZWEITER SCHÜLER (zum ersten):

Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwei,

Sie sind gar niedlich angezogen,

's ist meine Nachbarin dabei;

Ich bin dem Mädchen sehr gewogen.

Sie gehen ihren stillen Schritt

Und nehmen uns doch auch am Ende mit.

ERSTER:

Herr Bruder, nein! Ich bin nicht gern geniert.

Geschwind! daß wir das Wildbret nicht verlieren.

Die Hand, die samstags ihren Besen führt

Wird sonntags dich am besten karessieren.

BÜRGER:

Nein, er gefällt mir nicht, der neue Burgemeister!

Nun, da er's ist, wird er nur täglich dreister.

Und für die Stadt was tut denn er?

Wird es nicht alle Tage schlimmer?

Gehorchen soll man mehr als immer,

Und zahlen mehr als je vorher.

BETTLER (singt):

Ihr guten Herrn, ihr schönen Frauen,

So wohlgeputzt und backenrot,

Belieb es euch, mich anzuschauen,

Und seht und mildert meine Not!

Laßt hier mich nicht vergebens leiern!

Nur der ist froh, der geben mag.

Ein Tag, den alle Menschen feiern,

Er sei für mich ein Erntetag.

ANDRER BÜRGER:

Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn — und Feiertagen

Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,

Wenn hinten, weit, in der Türkei,

Die Völker aufeinander schlagen.

Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus

Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;

Dann kehrt man abends froh nach Haus,

Und segnet Fried und Friedenszeiten.

DRITTER BÜRGER:

Herr Nachbar, ja! so laß ich's auch geschehn:

Sie mögen sich die Köpfe spalten,

Mag alles durcheinander gehn;

Doch nur zu Hause bleib's beim alten.

ALTE (zu den BürgerMädchen):

Ei! wie geputzt! das schöne junge Blut!

Wer soll sich nicht in euch vergaffen? —

Nur nicht so stolz! es ist schon gut!

Und was ihr wünscht, das wüßt ich wohl zu schaffen.

BÜRGERMÄDCHEN:

Agathe, fort! ich nehme mich in acht,

Mit solchen Hexen öffentlich zu gehen;

Sie ließ mich zwar in Sankt Andreas' Nacht

Den künft'gen Liebsten leiblich sehen —

DIE ANDRE:

Mir zeigte sie ihn im Kristall,

Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen;

Ich seh mich um, ich such ihn überall,

Allein mir will er nicht begegnen.

SOLDATEN:

Burgen mit hohen

Mauern und Zinnen,

Mädchen mit stolzen

Höhnenden Sinnen

Möcht ich gewinnen!

Kühn ist das Mühen,

Herrlich der Lohn!

Und die Trompete

Lassen wir werben,

Wie zu der Freude,

So zum Verderben.

Das ist ein Stürmen!

Das ist ein Leben!

Mädchen und Burgen

Müssen sich geben.

Kühn ist das Mühen,

Herrlich der Lohn!

Und die Soldaten

Ziehen davon.

Faust und Wagner.

FAUST:

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche

Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;

Im Tale grünet Hoffnungsglück;

Der alte Winter, in seiner Schwäche,

Zog sich in rauhe Berge zurück.

Von dorther sendet er, fliehend, nur

Ohnmächtige Schauer kornigen Eises

In Streifen über die grünende Flur;

Aber die Sonne duldet kein Weißes,

Überall regt sich Bildung und Streben,

Alles will sie mit Farben beleben;

Doch an Blumen fehlt's im Revier

Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

Kehre dich um, von diesen Höhen

Nach der Stadt zurückzusehen.